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Zahlreiche Neuerungen im Gesundheitsrecht
Die politisch im Vorfeld vieldiskutierte Gesundheitsreform stellt sich schon hinsichtlich ihrer bundesrechtlichen Umsetzung als großes Vorhaben dar: Das Vereinbarungsumsetzungsgesetz 2024 (VUG 2024), BGBl I 2023/191, ist eine Sammelnovelle für 13 Gesetze mit 49 Seiten. Dieser Blogbeitrag möchte einige der „Hauptthemen“ des Gesetzes vorstellen:
Digitalisierung des Gesundheitswesens
Ein wesentliches Schlagwort der Gesundheitsreform ist „digital vor ambulant vor stationär“. Dafür wird Einiges an Geld in die Hand genommen, nämlich nach § 9a Gesundheits-ZielsteuerungsG 17 Mio Euro, um „E-Health“ in die Standardversorgung zu integrieren, samt Ausbau der Gesundheitshotline 1450. Aber auch im ärztlichen Berufsrecht wird Telemedizin erstmals ausdrücklich als Art der ärztlichen Berufsausübung verankert (§ 49 ÄrzteG).
Verpflichtungen der Wahlärzt:innen
Verpflichtungen der Wahlärzt:inneIn den letzten Wochen politisch vieldiskutiert waren Verpflichtungen von Wahlärzt:innen im Interesse der Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Das VUG 2024 hat hier bereits erste Schritte gesetzt, in dem auch Wahlärzt:innen durch Änderungen im ASVG zur Verwendung von E-Card und ELGA verpflichtet wurden. Zudem soll die Abrechnung dadurch erleichtert werden, als Wahlärzt:innen bei Zustimmung der Patient:innen ihre Honorare direkt an die Sozialversicherungsträger zu übermitteln haben.Neuerungen im Zusammenhang mit Kassenvertragsstellen
Bei der Stellenplanung im niedergelassenen Bereich wurde, auf das Wesentlichste zusammengefasst, die Rolle der Sozialversicherung dahingehend gestärkt, dass sie zum einen dann, wenn bei deren verbindlicher Festlegung durch Bund, Länder und Sozialversicherung auf Landesebene Meinungsverschiedenheiten gibt, sie einseitige Festlegungen durch sog Versorgungspläne treffen kann. Zum anderen kann sie dann, wenn nach längeren Verhandlungen mit der Ärztekammer keine Einigung über den Stellenplan erzielt wird, die entsprechenden Festlegungen erneut im Alleingang auf Grundlage der verbindlichen Strukturplanverordnungen vornehmen. Schließlich sind auch bei fehlgeschlagenen Ausschreibungen von Kassenstellen in Zukunft Übergangslösungen zur vorübergehenden Besetzung, insb im Wege von Ärztebereitstellungsdiensten (die neu im ÄrzteG verankert wurden) möglich. Ziel all dieser Maßnahmen ist die Vermeidung von zu lange unbesetzten Kassenvertragsstellen.Rolle der Ärztekammern in krankenanstaltenrechtlichen Zulassungsverfahren
Der Aufwertung der Rolle der Sozialversicherung steht ein Bedeutungsverlust der Ärztekammern in den Zulassungsverfahren für Krankenanstalten (einschließlich selbständiger Ambulatorien) gegenüber: Ihre bisherige Parteistellung wurde in ein Anhörungsrecht umgewandelt.
Medikamentenversorgung in Krankenanstalten
Eine weitere wichtige – und vieldiskutierte - Neuerung im Krankenanstaltenrecht betrifft die Arzneimittelversorgung. Um einen möglichst einheitlichen Einsatz teurer und spezialisierter Arzneimittel sicherzustellen, soll ein bundesweit zuständiges Bewertungsboard, das aus Bundes, Landes , Sozialversicherungsvertretern und Expert:innen zusammengesetzt ist, Empfehlungen betreffend den Einsatz solcher Arzneimittel in Krankenanstalten bzw an der Nahtstelle zum niedergelassenen Bereich möglichst vor deren Einsatz abgeben, an denen sich dann die Arzneimittelkommissionen der einzelnen Krankenanstalten orientieren sollen.
Qualitätssicherung der niedergelassenen Ärzt:innen
Schließlich finden sich im GesundheitsqualitätsG nunmehr auch Regelungen, die ergänzend zu bereits erfolgten Änderungen im ÄrzteG die ärztliche Qualitätssicherung im niedergelassenen Bereich weitgehend auf den Gesundheitsminister (insb hinsichtlich der Erlassung einer Qualitätssicherungsverordnung) bzw das Bundesinstitut für Qualitätssicherung im Gesundheitswesen übertragen, womit die einst führende Rolle der Ärztekammern in diesem Bereich weiter reduziert wurde.
Fazit
Das VUG 2024 lässt erkennen, dass die letzte Gesundheitsreform einige auch durchaus einschneidende Änderungen in der Organisation des österreichischen Gesundheitswesens gebracht hat. Inwieweit diese auch zu Verbesserungen, insb für die Patient:innen, führen, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen.
13. März 2024
Dr. Karl Stöger
ist Universitätsprofessor für Medizinrecht am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie Leiter des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin.
© Uni Wien Krpelan
Literatur zum Thema
Fassung vom 15.2.2024
Veröffentlicht 2024
von Karl Stöger bei facultas / FlexLex
ISBN: 978-3-99071-320-4
Das Medizinrecht gewinnt stark an Bedeutung und wird zunehmend als eigenständiges Rechtsgebiet begriffen. Die vorliegende Gesetzessammlung bietet sowohl Studierenden als auch Praktiker*innen einen Zugang zu den wesentlichen gesetzlichen Vorschriften dieses vielfältigen Rechtsgebiets. Besonderes ...
Ärztegesetz 1998
Veröffentlicht 2023
von Karl Stöger, Johannes Zahrl bei MANZ Verlag Wien
ISBN: 978-3-214-02657-8
Das Ärztegesetz ist die zentrale rechtliche Grundlage des Arztberufes und ist als solche Berufsordnung von allen in Österreich tätigen Ärzten und Ärztinnen. Es umfasst dabei unter anderem ...