Volltextsuche nutzen

B O O K SCREENER

Aktuelle Veranstaltungen

Events
  • versandkostenfrei ab € 30,–
  • 6x in Wien und Salzburg
  • 6 Mio. Bücher
Menü

Mehr Transparenz für Vergabeverfahren durch das IFG

Beitrag von Dr. Thomas Ziniel, LL.M., BSc


Transparenz als Grundsatz im Vergaberecht

Die Vergabe öffentlicher Aufträge zeichnet sich für rund 14% des BIP in Österreich verantwortlich. Um folglich auch eine effiziente öffentliche Beschaffung – und damit zugleich den effizienten Einsatz von öffentlichen Geldern – zu gewährleisten, besteht ein dichtes Netz an Vergabevorschriften, denen als ein zentraler Grundsatz die Transparenz innewohnt. Wenn der Allgemeinheit bekannt ist, wie und in welcher Form der Staat welche Leistungen beschafft, trägt dies dazu bei, die strukturelle Interventions- und Korruptionsanfälligkeit des staatlichen Beschaffungsapparates hintanzuhalten.

Vergabeverfahren finden deshalb bereits in einem vergleichsweise transparenten Umfeld statt. Öffentliche Beschaffer:innen sind es gewohnt, mit umfassenden gesetzlichen Transparenzanforderungen umzugehen. Ausschreibungsunterlagen sind regelmäßig auf elektronischem Weg kostenlos, direkt, uneingeschränkt und vollständig zur Verfügung zu stellen. Bekanntmachungen und Bekanntgaben sind als open government data verpflichtend von Auftraggeber:innen bereitzustellen, wobei die auf data.gv.at verfügbaren Kerndaten auch von allen Interessierten frei ausgewertet werden können (wie bspw. von offenevergaben.at).

Ab September 2025 tritt jedoch das Informationsfreiheitsgesetz zu bestehenden, vergaberechtlichen Transparenzverpflichtungen mit neuen und weitreichenden Verpflichtungen hinzu. 

Kundmachung des Informationsfreiheitsgesetzes

Am 26.02.2024 wurde das bereits mehrfach in dieser Legislaturperiode angekündigte und vielfach diskutierte Informationsfreiheitsgesetz samt Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes im BGBl I kundgemacht. Das neue Recht auf Information ersetzt das bisherige Amtsgeheimnis! In der Auseinandersetzung mit dem Vorhaben im Vorfeld der Beschlussfassung fanden dabei jedoch Auswirkungen auf das Vergaberecht und die Durchführung von Vergabeverfahren gemäß dem BVergG 2018 bzw. dem BVergGKonz 2018 vergleichsweise wenig Beachtung.

Was wird also alles auf Auftraggeber:innen zukommen? Angesichts von noch zu erwartenden Ausführungsbestimmungen (etwa zum Informationsfreiheitsregister) sind einige Aspekte weiterhin offen; ein erster Blick in die neuen Bestimmungen verdeutlicht aber, dass das Informationsfreiheitsgesetz auch auf Vergabeverfahren wesentliche Auswirkungen haben wird. Die sich stellenden inhaltlichen Fragen sind jedenfalls vielfältig.

Vergaberecht und Informationsfreiheit

In Zukunft werden jedenfalls öffentliche Auftraggeber:innen und Sektorenauftraggeber:innen regelmäßig auch dem Anwendungsbereich des IFG unterliegen und dessen Bestimmungen zu berücksichtigen haben. Aus diesem Grund haben sie Überlegungen anzustellen, welche zusätzlichen Informationen zu Vergabeverfahren wie und wann veröffentlicht werden müssen.

Während jene Daten, die bereits bisher als open government data über Vergabeverfahren zu veröffentlichen sind, nicht auch dem IFG unterliegen (vgl. § 16 IFG zu besonderen öffentlichen elektronischen Registern und dazu ErläutRV 2238 BlgNR 27. GP, 14), greift dieses hingegen für alle anderen bei Auftraggeber:innen in Zusammenhang mit einem Vergabeverfahren anfallenden Informationen.

Dass eine Information auch den in einem Vergabeverfahren geschlossenen Vertrag selbst umfasst, macht § 2 Abs. 2 IFG deutlich: Jene Auftraggeber:innen, die von der proaktiven Informationspflicht erfasst sind, haben jedenfalls auch Verträge über einen Wert von zumindest EUR 100.000 zu veröffentlichen. Sie werden im (noch näher zu regelnden Informationsregister) zu veröffentlichen sein. Mit „Verträgen“ ist in diesem Zusammenhang die Vertragsurkunde gemeint, womit das IFG über die schon bisher zu veröffentlichenden Kerndaten gemäß BVergG 2018 bzw. BVergGKonz 2018 hinausgeht. Für Auftraggeber:innen, die nicht der proaktiven Informationspflicht unterliegen, sind diese Informationen qua Informationsbegehren zur Verfügung zu stellen. Informationsbegehren werden jedenfalls auch betreffend von Verträgen mit deutlich niedrigerem Auftragswert möglich sein.

Das IFG sieht in § 6 eine Reihe von Geheimhaltungsgründen vor, die jedoch einer Veröffentlichung von Informationen nur „soweit und solange“ entgegenstehen, als die aufgezählten Gründe relevant sind. Im Hinblick auf Informationen in Vergabeverfahren – und gerade auch die Vertragsurkunde – kann insbesondere deren Geheimhaltung im überwiegenden berechtigten Interesse eines anderen, insbesondere zur Wahrung von Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen oder zur Wahrung der Rechte am geistigen Eigentum betroffener Personen erforderlich und verhältnismäßig sein. Dass hier im Einzelfall ein entsprechender Aufwand zur Durchsicht von Informationen entstehen wird, sollte in Zukunft bereits im Vorfeld der Durchführung eines Vergabeverfahrens mitbedacht werden.

19. März 2024




Dr. Thomas Ziniel, LL.M., BSc 

ist Richter am Bundesverwaltungsgericht und Lehrbeauftragter für Vergaberecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Zuvor war er stellvertretender Leiter der Stabsstelle für Vergaberecht im Bundesministerium für Justiz und unter anderem in der für Vergaberecht zuständigen Generaldirektion GROW der Europäischen Kommission sowie als verfassungsrechtlicher Mitarbeiter am österreichischen Verfassungsgerichtshof tätig.

© Privat

 

Literatur zum Thema

FlexLex Vergaberecht | Studium

Fassung vom 15.2.2024

FlexLex Vergaberecht | Studium

Veröffentlicht 2024
von Thomas Ziniel bei facultas / FlexLex
ISBN: 978-3-99071-327-3

Alle FlexLex Vorteile auf einen Blick: • Print & Digital auf allen mobilen Endgeräten nutzbar • E-Mail-Benachrichtigung bei jeder Gesetzesänderung • Stichtagsabfrage & Fassungsvergleich für registrierte Nutzer:innen Die Gesetzessammlung beinhaltet folgende Gesetze: Aktuell: ...

Vergaberecht Vergaberecht

Veröffentlicht 2022
von Michael Holoubek, Claudia Fuchs, Kerstin Holzinger, Thomas Ziniel bei Verlag Österreich
ISBN: 978-3-7046-9057-9

Struktur und System des Vergaberechts Das Vergaberecht zählt zu den wirtschaftlich bedeutendsten Rechtsgebieten und zeichnet sich durch eine besondere Dynamik aus. Vor diesem Hintergrund vermittelt dieses Lehrbuch Struktur und ...